Foto: Luca Maximilian Kunze
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80% des eigenen Erfolgs ist das Scheitern der Anderen II

Ich saß gerne auf dem Balkon daheim, das war das einzig Gute an dieser Sozialwohnung. Im Sommer war es zu heiß und im Winter zu kalt und am Klo roch es nach Urin und anderem. Aber daheim ist daheim und ist scheiße und daheim. Meistens ging ich nicht zu den Vorlesungen, weil es mich ekelte vor den Leuten mit ihren Apple Macs und Collegeblöcken. Ich hätte mich auch waschen müssen oder zumindest ordentliche Kleidung anziehen und es war ja wohl schlimm genug, überhaupt aufzustehen, nicht auch schon um sieben oder acht und dann noch auf sauber.
Einmal kaufte ich mir in so einem Fairtradeshop eine Hängematte im Ausverkauf und die packte ich auf den Balkon. Dann lag ich da den ganzen Tag von früh bis in die Nacht, ich schlief und dann wieder nicht und dann wieder doch und zwischendurch hatte ich den Laptop auf dem Schoß, das Verlängerungskabel durch die Wohnung gezogen, Wlan gabs vom Nachbarn. Ich schrieb ins Forum, ich sei in der Arbeit. Da gab es diesen einen Thread und alle bloggten da, was sie gerade machten, schrieben nur übers Arbeiten, Arbeiten. Natürlich glaubte ich das nicht, keine dieser Arschgeigen konnte Arbeit haben, oder wenn, dann höchstens als Empfangstussi bei Anwälten oder Social-Media-Praktikant mit Vertrag für umsonst.
Das war vor dem Treffen im Winter mit Richard, als er eines seiner T-Shirts trug und Lehrer wurde. Hätte ich ihn gefragt, er hätte mir was checken können, sicher hätte er das, aber das war peinlich und ich wusste das und er wusste es noch mehr. Die Leute werden unausgesprochen gehässig, wenn sie irgendetwas haben und du nicht. Und Richard, der war richtig schadenfroh. Ich kriege zweieinhalb quasi fürs Nichtstun, hahaha, fürs Nichtstun! Und die anderen sind auch nur Idioten, haha. Und ich dann so: ja, haha. Aber gedacht hab ich mir, halts Maul du kleiner Schisser.
Nur war die Sache mit Richard die, dass er sich gerne mit mir sehen ließ. Er machte mir Komplimente und das alles und schrieb ins Forum, dass wir uns privat kennen, keine Ahnung, was er sich darauf einbildete. Ich redete nur wenig, das reichte aber, um ihn bei der Stange zu halten. Er war intrigued um es so zu sagen. Und manchmal zahlte er den Kaffee, das war auch was. Oder es war ganz anders und er machte dasselbe mit mir, der Herr Lehrer, weil er eine dieser Teilzeitschnepfen war. Einer von diesen Menschen, die sich in ihrem Überlegensein suhlten, aber dann wieder irgendeiner auserkorenen Seele ihre Weisheiten auskotzen mussten, damit sich auch die neue Ziehpflanze überlegen fühlen konnte.

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