Foto: Luca Maximilian Kunze
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Der Mann im Wald III
 
Schließlich gingen wir in die Kirche. Der Mann weinte leise. Ich legte meinen Arm um ihn und hielt ihm die andere freie Hand als Stütze hin. Er hielt den Kopf hoch. Es regnete nicht.
Im Messraum waren alle Reihen besetzt bis auf die vorderste, die war für die Familie reserviert. Niemand saß dort. 
„In die Mitte“, flüsterte der Mann und schob mich hin. 
Wir setzten uns. Überall waren Blicke, überall. Viele Menschen weinten oder beteten leise, sahen auf den Boden und dann auf den Sarg als er hereingetragen wurde. Ein Messdiener schritt mit einem langen Streichholz die vielen Kerzenständer ab.  Bevor er ging, blieb er vor dem Altar stehen und bekreuzigte sich, drehte sich zu uns und nickte mit ernster Miene. Der Mann neben mir nickte ihm ebenfalls zu, mit seinen dunklen Augen und den schwarzen Haaren sah er aus wie das Kind, dass der Mann aus dem Wald mit seiner Frau gehabt haben könnte. Oder war er der Mann aus dem Wald? 
Das Begräbnis begann. Musik ertönte, irgendwo hinten sang ein Chor. Ave Maria.
Ich sah mir das Kreuz über dem Altar an, die Kirchenfenster mit den Glasmalereien und wie das Licht durch sie hindurch auf den Sarg fiel. Rot und blau waren die Farben der Mutter Gottes mit dem kleinen Jesuskind, der Heiligenschein ganz in gelb. Der Pfarrer kam. 
Vom Rest der Messe bekam ich wenig mit. Die Laute, die aus dem Mund des Pfarrers flossen, lullten mich ein, genau wie die kreisenden Bewegungen auf meinem Rücken. Der kleine Jesus hatte eine braune Windel und hielt einen grünen Palmenzweig ins Gesicht von Maria. Ich saß da und dachte an den Baum im Garten und wie er sich zur Erde streckte.

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