Foto: Luca Maximilian Kunze
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Es war tatsächlich keine Einbildung, stellt Anja fest, die Rothaarige folgt Jeanne auf Schritt und Tritt. Immer ist sie in ihrer Nähe. Das kann doch unmöglich ein Zufall sein. Anja mustert das Mädchen von oben bis unten. Vielleicht findet sie ja irgendeinen Hinweis. An der Ausstrahlung kann man schließlich schon viel ablesen. Wie beim Josef Fritzl zum Beispiel. Hätte Anja ihn irgendwo auf sich zukommen sehen, hätte sie sofort die Straßenseite gewechselt. Aber nu: Wie eine Psychopathin sieht die Rothaarige dann doch nicht aus. Sie ist klein, zierlich und hat ein liebreizendes Gesicht, aus dem etwas, na..., etwas Sensibles und Feinfühliges hervorgeht. Ihre Blicke sind verstohlen und wirken schüchtern, fast so, als wäre sie verliebt. Vielleicht ist sie das ja auch. Anja blickt zu Jeanne, die mit großer Faszination etwas offenbar in der Ferne Liegendes betrachtet – was es ist, weißt Anja nicht, sie kann es von hier aus nicht sehen. Wie Jeanne so dasteht, so interessiert, so betroffen... und mit ihrem Hut, den sie jeden Tag trägt, obwohl andere sie damit aufziehen. Sie ist schon außergewöhnlich, findet Anja und muss grinsen, ohne dass sie wüsste, wieso. Damals hielt sie Jeanne für einen Freak, mit dem sie lieber nichts zu tun haben wollte. Aber eigentlich ist sie nur klüger und interessanter als der ganze Rest der Klasse. Falls die Rothaarige sich tatsächlich in Jeanne verguckt haben sollte, könnte Anja es schon nachvollziehen. Wer mit Jeanne zusammenkommt, macht, wie es immer in Literaturklassikern heißt, eine gute Partie.

Anja überlegt, ob sie einfach mal zu Jeanne hingehen sollte. Ausnahmsweise nämlich hängen ihr Ole und Lene gerade mal nicht am Rockzipfel. Vielleicht könnt sie Jeanne ja dazu überreden, mit ihr gemeinsam die restlichen zwei Baracken vor dem Zellenbau zu besichtigen.

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