Foto: Luca Maximilian Kunze
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0609

Wir werden für immer.

 

Für M. notiere ich: Müsli mit Apfel und Banane, Couscous mit Gemüse, Knäckebrot mit Frischkäse, Karotten, zwei Duploriegel.

 

Kein unnötiges Chaos hinterlassen. Ich schiebe die Stapel von der einen Ecke in die andere – oder Regalboden. Von einem Regalboden auf den anderen. Ich weiß nicht, was das alles für Zeug ist aber es ist meines. Es hat irgendetwas mit mir zu tun. Es sind Dinge. Es sind Dinge aus verschiedenen Zeitebenen – Erinnerungen also. Ich denke, wir sollen uns nur erinnern – wir erinnern uns nicht wirklich. Ich bin mit meinen Gedanken nicht plötzlich bei Flo, weil ich einen dieser Zettel finde, auf welchen er immer seine Gedichte entworfen hat – die vielen Zettel mit seiner Handschrift, die ich ich irgendwo zwischen Buchseiten versteckt habe, damit er sie nicht wegwirft, damit sie meine sind. Aber dieser Einheitsgedanke ist wirklich Quatsch. Ich habe zu viele Aufsätze über den Kugelmenschen geschrieben, um jetzt zurück rudern zu können. Wahrscheinlich werde ich für den Rest meines Lebens mit diese Vorstellung leben müssen, dass es nur den Einen gibt und wenn der Eine mich aber nicht liebt, werde ich einfach einsam sein müssen. Und immer wenn mir deine Zettel zwischen den Buchseiten begegnen, soll mich das daran erinnern, dass meine Liebe kaputt ist. Ich habe zu viele Aufsätze über die Kugelmenschen geschrieben … ich werde für immer.

 

Wir werden für immer. Ich habe keinen Fernseher aber was Valentin nicht weiß, was niemand weiß: Ich ertrage die Stille nicht. Ich ertrage die Stille nicht, wenn jeder Gedanke gegen meine Wände halt und Musik ist nicht laut genug. Er kann den Stolz in meiner Stimme kaum überhören, wenn ich betone, dass ich schon seit zehn Jahren keinen Fernseher mehr habe. Jetzt ist die Zeit angebrochen: Es gibt Dinge, die schon zehn Jahre her sind, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre her sind. Zehn, fünfzehn Jahre lang ertrage ich die Stille nicht. Musik reicht nicht, meinen Kopf ruhig zu stellen – in dieser Stille, alleine, vier Wände und Kopf. Dann schalte ich die Serien ein. Meine Freunde. Sie reden mit mir, meine Freunde – sie reden mit mir, erzählen mir von ihren Problemen und die sind simpel und dann auch meine Probleme – unsere simplen Probleme. Und nach zehn, fünfzehn Jahren ohne Fernseher kann ich viele Textzeilen der Dialogfragmente mitsprechen und wir sprechen dann aus einer Stimme – Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,// nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, //der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. „Weißt du jetzt, was du mit Unterordnen meinst?“ – „Ich glaube, das ist etwas Atmosphärisches, was sich schwer in Worte fassen lässt. Es bedeutet, dass die Frau systematisch auf minimale, subtile Weise ihre Interessen ein bisschen zurück stellt oder eher indirekt verfolgt. – Oder es gibt auch eine Identität der Interessen. Und der Mann repräsentiert diese Identität gegenüber Außenstehenden.“

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