Huckepack
Freitag, 18:39 Uhr in der U5: Kopfhörer, Feierabendbiere, schwitzende Achselhöhlen auf Augenhöhe. Die Haltestangen sind fettig. Alle halten Abstand und berühren sich doch. „Steigen Sie an der Weberwiese aus?“, fragt der verwahrloste Teenager die wegschauenden Leute. Ich blicke verstohlen zur Seite ohne ihn aus den Augen zu verlieren. „Steigen sie an der Weberwiese aus?“, nervt der Junge mit dem zerrissenen Shirt weiter. Ein gut gekleideter Mann mit TAZ in der Hand hat Mitleid. „Ja, ich steige Weberwiese aus.“ Der Junge lächelt; bricht das Eis: „Entschuldigen Sie, können wir mal Huckepack machen?“ Ein Rauen. Der Mann murmelt etwas; schüttelt den Kopf. Der Junge freut sich über die Unterhaltung. An der Weberwiese eilt der Mann aus der Bahn. Die Zeitung lässt er liegen. Wie einstudiert, drehen sich die Köpfe zum Fenster. Offenheit in den Gesichtern. Die Bahn rollt an, der Junge nimmt Schwung, springt auf den hemdtragenden Rücken. Wir lachen, grinsen uns an. Plötzlich sehen alle nett aus.
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