Foto: Luca Maximilian Kunze
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plan b

jede hat – so sich die schönen träume in schäume auflösen, auch einen plan b: monika wird, wenn sie weder von einer talentshow entdeckt wird noch eine lehrstelle bekommt, wie ihre große schwester davonlaufen und anderswo ihr glück versuchen. die schwester ist mittlerweile verkäuferin in linz und hat dort auch einen freund, den sie angeblich liebt. michaela hält an ihrem maturaziel fest. an ein unbestimmtes glück, das ihr in die hände fallen könnte, glaubt sie nicht. das glück muss sie sich holen, sonst wird es zu einer anderen gehen. das größte unglück für sie wäre es, so ein ödes leben zu führen wie die erwachsenen, die sie kennt. da würde sie sich eher von einem hochhaus stürzen als mit einer arbeit zu enden, wo sie die zeit absitzt wie in der schule um gegen fünf uhr nachmittags zu einem mann heimzukehren, den sie als notlösung geheiratet hat und mit dem sie vielleicht noch kinder hat, von denen alle sagen, dass sie ganz nach dem vater gehen. jessica findet die hochhausidee schlecht. erstens besteht immer das risiko, dass unten jemand geht, und zweitens ist der fall sicher extrem grauslich. wenn sie eines tages beschließen sollte, nicht mehr weiterzuleben, dann würde sie sich betrinken und anschließend die pulsadern aufzuschneiden, am besten beidseitig. dass dabei nicht viel schiefgehen kann, glauben ihr auch die anderen, schließlich war es jessica, die ihnen beigebracht hat, wie sich herzchen oder kleine blumen mit spitzen blütenblättern unter die haut schneiden lassen, ohne dass die motive allzu schnell wieder verschwinden. monika hält nicht viel davon, sich umzubringen, aber wenn, dann geht das nur mit tabletten und zwar recht vielen. es ist ja auch kein kunststück, an die heranzukommen, ein zehntel der hausapotheke reicht für ausgelassene stimmung und ein viertel für einen ordentlichen rausch – im internet finden sich sicher auch mischungen, die frei erhältlich sind und für einen sicheren abgang sorgen. gesetzt den fall, dass wirklich ein notfall eintritt, scheint ihr die idee, zu ihrer schwester zu fahren und dort zu bleiben, ein besserer ausweg. auch nina will, sollte gar nichts mehr gehen, lieber die flucht ergreifen: aber sicher nicht nach linz, sondern in die usa, dort könnte sie dann als kellnerin arbeiten oder in einem supermarkt, notfalls an einem hot-dog-stand. in den usa würde sie in einem wohnwagen wohnen, gemeinsam mit einem netten mann, vielleicht einem, der aus lateinamerika oder afrika kommt und schon die halbe welt gesehen hat, oder mit einem freundlichen amerikaner. kinder will sie keine, heiraten aber schon. aber erst einmal die schule hinter sich bringen, ob fünf oder acht jahre lang, wird sich ohnehin zeigen.

so sitzen sie nun in der freistunde zu viert im hof und vertreiben sich die zeit. hinter dem üppig wuchernden buchsbaum machen sie es sich gemütlich und rauchen die marlboros, die jessica heute morgen ihrer mutter geklaut hat. nina fährt sich mit der freien hand durch ihre von natur aus platinblonden haare und monika malt mit einem schwarzen lackstift karos auf ihren roten rucksack. da die sonne scheint, tragen alle große sonnenbrillen mit dunklen gläsern und plastikrahmen. einzig michaela hat noch eine graue, mit metall umrandete, da ihr taschengeld seit monaten immer für etwas anderes draufgegangen ist. aber dafür hat sie die schönsten wimpern der ganzen klasse, die durch die hellgrauen gläser noch gut sichtbar sind. aus der anderen ecke des hofes kommt der schulwart ihnen entgegen. er sieht genau, dass es mädchen aus der unterstufe sind, die da verbotenerweise rauchen, aber wie jedes mal beschließt er auf halbem wege umzudrehen und so zu tun, als hätte er nichts bemerkt.

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