Der Hund ist tot
Der, der den Hund begraben hat, der hat vergessen, wo er liegt. Der hat kein Kreuz gemacht und keine Kerbe. Der hat von Breitengraden keine Ahnung und weiß nicht mal, in welcher Gegend. Ob er den
Hund in halbgefrorner Erde, in abgesacktem Sand, in Torf, in Lehm. Er weiß es nicht.
Jetzt suchen alle nach der Leiche. Mit Wünschelruten, Satelliten, Schäferhunden. Mit Archäologen, Pathologen, Kopfgeldjägern, Agenten, Agenturen und Experten. Mit Bodentruppen und mit
Religion.
Der, der den Hund begraben hat, der hat den Hund nicht mal gekannt. Er hat ihn bloß gefunden. Der, der den Hund begraben hat, der fürchtet sich vor Hunden, selbst vor toten. Er hat so tief
gegraben, wie er konnte. Ob er vor Jahren, Tagen, vor Jahrzehnten. Er weiß es nicht. Er weiß auch nichts vom Leichengift.
Weil niemand wirklich weiß, wo er begraben liegt, gibt es an jeder Ecke Hundegräber, und jeder hält ein andres Grab für das verbürgte. Sie weinen Tränen über Maulwurfshügel, sie klagen, schreien,
werfen Blumen, sich zu Boden, einander vor, am falschen Grab zu stehn und sagen: Das Grab ist leer.
Der, der den Hund begraben hat, der leidet lang schon unter Amnesie. Seit er am Grab des ungekannten Hundes stand. Er weiß nicht, wer er ist noch was er wollte. Er wird von niemandem erkannt. Er
ist mit niemandem verwandt. Doch jeder fragt ihn nach dem Weg. Er weiß ihn nicht.
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