Foto: Luca Maximilian Kunze
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80% des eigenen Erfolgs ist das Scheitern der Anderen I

Aber Richard wollte das nicht hören. Er sagte, die Leute wissen es nicht besser, oder vielleicht wissen sie es schon, sie können aber nicht proaktiv deswegen sein. Das war, weil er so klug reden wollte, um mich zu beeindrucken, aber ich sagte nur: fick dich, fickts euch alle, mich interessiert das nicht, ob die Leute proaktiv sind. Er sah peinlich berührt in seinen Kaffee, aber die Kellnerin lachte.
Eigentlich war alles ganz anders geplant gewesen. Ich wollte abschließen, ja. Job finden, auch, ja. Und warum? Damit ich mehr Geld hätte. Überhaupt Geld. Irgendein Geld! Vielleicht würde ich auch was schreiben oder Kunst machen. Da gab es ja Stipendien dafür, staatliche Förderungen im Sinne des Kulturauftrags und so Scheiß. Ich musste mir das noch überlegen, irgendwann, oder demnächst eigentlich, aber das Nachdenken war mir zu blöd.
Als ich im Winter Richard traf, trug er wieder eins dieser komischen T-Shirts mit so einem lustigen Spruch, ganz übel wurde mir dabei. Versuchte sich einen Bart stehen zu lassen, weiß der Teufel warum, es sah lächerlich aus und er sah lächerlich aus. Fehlte nur noch eine dieser Brillen, Horn oder Nickel, sowas.
Er fragte, wie es denn so gehe und ich sagte ihm, alles sei gut, ich hätte voll den Plan. Dann ist er frech geworden, gab wieder mit seinem Lehrerjob an. Lehrerjob, ganz im Ernst. Sieben Custodiate macht er und das ist nur administrativ, lässiges Handgewedel, aber dafür kommt er auf zweieinhalb und da sollen sich die anderen ein Beispiel nehmen. Er hatte so eine krankhafte Angewohnheit, immer mehr zu reden, je genervter die Leute von ihm wurden.
Über ihn war ich überhaupt im Forum gelandet. Nein, das stimmt eigentlich nicht, das war die Simone. Jedenfalls das Forum, für diese ganzen Menschen wie mich, die den Unsinn da studieren und Illusionen über Sinnhaftigkeit und Jobaussichten haben. Und ich wollte gar nicht wissen, wer von denen sich noch was mit Kunst einbildete. Als gäbe es nicht ausreichend Kunst-Supermärkte und Flohmärkte und Get-Togethers und Debattierclubs mit Brandy am Nachmittag im Park. Diese Memmen, wie sie mir alle auf den Sack gingen. Und als wäre das nicht genug, erkannte man sie hundert Meter gegen den Wind, weil sie alle dämliche Strickjacken trugen. Das ist dasselbe wie in der Uni, nur online und anonym, sagte Richard eingangs dazu, die Dicken fallen halt nicht sofort auf. Dann lachte er, der kleine Fettist.

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